„MiniFisch“ - Forschungsprojekt zur Minimierung des Fischbeifangs in der Krabbenfischerei

Beifang ist seit Jahrzehnten ein heiß diskutiertes Thema zwischen Krabbenfischern und Naturschützern, insbesondere da die Fischerei zum Teil innerhalb geschützter Gebiete stattfindet. Obwohl Forschungsergebnisse keinen schädigenden Einfluss der Fischerei auf das Ökosystem nachweisen können und obwohl die Krabbenfischerei seit 2017 das Nachhaltigkeitszertifikat des Marine Stewardship Council (MSC) trägt, ist die Beifangthematik aktueller denn je. Neben der Kritik und den Forderungen von Seiten des Naturschutzes ist die Fischerei auch in der Pflicht, sich um eine Lösung des Problems zu bemühen, denn für die anstehende MSC-Re-Zertifizierung müssen Fortschritte in der Beifangvermeidung nachgewiesen werden.

Ungewollter Beifang ist ein weltweit existierendes Problem in nahezu jeder Fischerei. Seit Jahrzehnten wird nach Lösungen gesucht, um ungewollten Beifang zu vermeiden. Während hierzulande im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik der EU 2019 ein generelles Rückwurfverbot in der Fischerei eingeführt wurde, bemühen sich andere nationale und internationale Gremien vor allem um Lösungen mit Hilfe fangtechnischer Methoden und Geräte. Auch die Krabbenfischerei nutzt eine solche Methode: Ein per Landes- und EU-Verordnung für die Krabbenfischerei vorgeschriebenes spezielles „Sieb“- oder „Fischnetz“ funktioniert bei Fischen ab ca. 15 cm Länge sehr gut, versagt dagegen bei kleineren Fischarten. Im Beifang finden sich daher Jungfische, zum Teil von kommerziell genutzten Arten wie Hering, Sprotte oder Scholle, sowie zahlreiche Arten, die im Nahrungsnetz des Wattenmeeres und für die Biodiversität dieses Lebensraums von Bedeutung sind. Dazu gehören auch gefährdete Arten wie Flussneunauge, Finte und Zwergdorsch.

Hilfe bei der Beifangreduzierung könnte nun von einem speziellen Strömungstrichter im Fangnetz kommen. Er nutzt verhaltensphysiologische Unterschiede zwischen Fischen und Garnelen, um den Fischbeifang zu minimieren. Entwickelt wurde der besondere Strömungstrichter von amerikanischen Fischereiwissenschaftlern der Universität Mississippi. Sie stellten 2015 ein Gerät vor, mit dem die Krabbenfischer im Golf von Mexiko den Fischbeifang signifikant reduzieren konnten, ohne die Fangmenge der Krabben negativ zu beeinflussen (Parsons & Foster 2015: Reducing bycatch in the United States Gulf of Mexico shrimp trawl fishery with an emphasis on red snapper bycatch reduction. Fish Res. 167: 201-215). Bei der Zielart der Krabbenfischer im Golf von Mexiko handelt es sich zwar um die deutlich größeren ‚brown‘ und ‚white shrimps‘ Penaeus aztecus und Litopenaeus setiferus, und auch die Beifangfische wie z. B. der ‚red snapper‘ (Lutjanus campechanus) unterscheiden sich in ihrer Größe von den Nordseearten, entscheidend ist aber die Grundidee des Strömungstrichters, die im Rahmen von „MiniFisch“ an die Verhältnisse der Krabbenfischerei in der Nordsee angepasst und getestet werden soll.

Der Strömungstrichter verändert kleinräumig die Strömungsgeschwindigkeit im Netz, worauf Krabben und Fische unterschiedlich reagieren. Die sensorischen Fähigkeiten bei Krabben zur Wahrnehmung der Wasserströmung sind geringer ausgeprägt, zudem sind sie keine starken Schwimmer und orientieren sich zumeist in Richtung der vorherrschenden Strömung. Dagegen nehmen Fische mit ihrem Seitenlinienorgan schon geringste Strömungsänderungen wahr und passen ihr Verhalten an. In der Regel orientieren sie sich entgegen der Strömung. Videoaufnahmen im Netz konnten zeigen, dass Fische die strömungsberuhigten Bereiche erkennen und aktiv aufsuchen. In diesem Teil des Netzes, direkt hinter dem Strömungstrichter sind daher die Maschenweiten so groß gewählt, dass die Fische durch sie hindurch entkommen können.

In der ersten Projektphase wird der Strömungstrichter auf seine prinzipielle Eignung getestet. Ein wichtiges Kriterium ist neben dem Nachweis der Reduzierung des Fischanteils im Beifang die Anforderung, dass die Fangeffizienz für Krabben nicht oder nur geringfügig negativ beeinflusst wird. Ein weiterer Aspekt bei den Tests ist die Praktikabilität beim Einsatz an Bord sowie das Verhalten des Fanggeschirrs beim Schleppen. Für die Tests steht der Büsumer Krabbenkutter SC 14 „Maret“ zur Verfügung, und mit dem Kutterkapitän und seiner Mannschaft steht dem Projekt ein fachkundiges und motiviertes Team von Praktikern zur Seite.

Das Forschungsprojekt "MiniFisch" startete im August dieses Jahres, im September werden die ersten Testfänge durchgeführt. Das von der EU und dem Land Schleswig-Holstein finanzierte Projekt läuft bis Juli 2025.

Dr. Ralf Vorberg, Marine Science Service

Weitere Informationen unter www.marinescienceservice.de


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