Vibrionen und Klimawandel

Vibrio-Bakterien, darunter auch für Menschen gefährliche Arten, sind natürlicher Bestandteil des Ostseeplanktons. Im Zuge des Klimawandels können sie durch steigende Wassertemperaturen häufiger und damit ein zunehmendes Gesundheitsrisiko werden. Das Projekt BaltVib erforscht unter Leitung des Leibniz-Instituts für Ostseeforschung Warnemünde (IOW), einem Mitglied der DAM, ob spezielle Pflanzen- und Tiergesellschaften wie Seegraswiesen und Muschelbänke die Vibrionen-Belastung in Küstennähe auf natürliche Weise senken und wie dieser Effekt durch Umweltgestaltung aktiv unterstützt werden kann. Der Forschungsverbund mit Partnern aus sieben Ostseestaaten nimmt am 19.5. mit einem virtuellen Kickoff-Treffen die Arbeit auf.

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Als „Vibrionen“ bezeichnet man alle Bakterien der Gattung Vibrio. Sie sind im offenen Meer allgegenwärtig und kommen auch in Küsten-, Brack- und Süßgewässern sowie in Gewässersedimenten vor. Man kennt ca. 130 verschiedene Arten, von denen nur rund 10 % Infektionen bei Menschen, Fischen oder Muscheln verursachen.

Klimawandelbedingte Veränderungen der Ostsee, wie etwa der bis zum Jahr 2100 erwartete Anstieg der Oberflächenwassertemperatur um 2 – 4 ˚C, begünstigen die Vermehrung von Vibrionen und damit auch der gefährlichen Arten. Vibrio vulnificus beispielsweise, der bei vorerkrankten und anderweitig geschwächten Menschen allein durch Wasserkontakt zu schwerster Sepsis mit tödlichem Ausgang führen kann, vermehrt sich bei Wassertemperaturen über 20°C besonders gut. Die höchsten Infektionsraten fallen daher genau mit der Haupttouristensaison in Nordeuropa zwischen Mai und Oktober zusammen. Vibrio-Wundinfektionen werden bereits seit Mitte der 1990er Jahre vermehrt während Hitzewellen beobachtet, so dass mit Blick auf die Zukunft in der Ostseeregion von einer erheblichen Bedrohung für die menschliche Gesundheit und die Tourismusindustrie ausgegangen werden kann.

Seegraswiesen, Muschelbänke & Co.: BaltVib setzt auf „Ökosystemingenieure“

In Küstenmeeren wie der Ostsee haben sich Muschelbänke, Seegraswiesen und Makroalgenbestände z. B. aus Blasentang als besonders wertvoll erwiesen. Diese Lebensräume mit hoher Biodiversität übernehmen viele für Meer und Mensch wichtige Ökosystemfunktionen. Sie werden daher auch als „Ökosystemingenieure“ bezeichnet. Neuere Untersuchungen deuten nun darauf hin, dass in solchen Lebensräumen pathogene Vibrio-Arten deutlich reduziert sein können. Genau hier setzt BaltVib an. Denn dieser Effekt eröffnet die Option, sogenannte Natur-basierte Lösungsstrategien zur Kontrolle gefährlicher Vibrionen in küstennahen Bereichen zu entwickeln. [...]

Um effektive Strategien zur Milderung der Vibrionen-Problematik zu entwickeln, müsse man jedoch zuerst noch viele grundlegende Fragen klären: Wie ist der aktuelle Vibrionen-Status der Ostsee? Was kann man aus historischen Aufzeichnungen lernen? Lassen sich zukünftige, Klimawandel-geprägte Vibrio-Szenarien konkreter als bisher beschreiben? Welche ökologischen Schlüsselfaktoren regulieren die Vibrio-Prävalenz? [...] Das BaltVib-Forschungsprogramm umfasst ein großes methodisches Spektrum, von historischen Studien und PC-gestützter Zukunftsmodellierung über umfangreiche Probennahme-Kampagnen, Labor- und Freilandexperimenten bis hin zur Klärung technischer und organisatorischer Fragen bei der Umsetzung von Gestaltungsmaßnahmen im Meer. [...]

(PM IOW, gekürzt)

Den vollständigen Artikel finden Sie unter www.allianz-meeresforschung.de


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